remind / rewind
No. 9
U & D
KULTFESTIVAL
So ziemlich jeder von uns wird so sein persönliches 'Erweckungserlebnis' benennen können, wenn es um die Liebe zur Musik geht.
Nicht selten sind es gleich die Ereignisse, bei denen zwar alles mit Musik begann, aber das Ganze über den Rahmen hinaus wirkte.
1978 besuchte ich erstmals das 'Umsonst & Draussen" in Vlotho. Gut 80.000 kamen. Schon ohne Drogen war das Hirn komplett weggeblasen.
Das wurde nur noch getoppt vom U&D 1979. Von 130.000 war teils die Rede. Wer nicht früh genug angereist war, der hatte ordentlich zu laufen.
Wer keine Kohle hatte wurde bestens von den Hare Krishnas versorgt. Fast rund um die Uhr war ihre Großküche geöffnet. Und wer gerade nicht kochte oder bediente, der saß daneben, sang oder spielte ein Instrument. Ich Rede hier aber nicht von einem Restaurang. Eher von einem Besuch in Altmans Militärlager *M*A*S*H* an der Essensausgabe, bei ähnlich bizarrem Umfeld.
Scheinbar aus dem Nichts hatte sich in der Kiesgrube bei Vlotho eine Dorfstruktur gebildet. Gassen, Geschäfte, Duschen, Toiletten und Essensstände. Und die Bühnen nicht zu vergessen.
Es war ein einziger Rausch!
Alles war im Wandel, schien täglich neue Ableger und Pfade zu bilden. Und es kamen immer mehr. Offene Coffee-Shops, direkt aus dem Bulli heraus, eröffneten. Der eigene Piratensender, RADIO FREE PORTA WESTVLOTHICA, sendet bis weit nach Festivalende. Freie Weinverkostungen und kostenlose Polizeiwagenführungen bleiben genauso unvergessen wie nächtliche Lichtspiele an den Hängen.
Und trotzdem gab es nie ein Gefühl der Enge. Rücksichtnahme, Entspanntheit und fehlende Zäune taten ein Übriges dazu.
Dem gegenüber stand ein völlig überfordertes Umfeld. Bauern die über Stromausfälle klagten. Deren Äcker von Zeltenden und Parkenden überrollt wurden. So wie Dorfbewohner, die im örtlichen Geschäft nur noch leere Regale vorfanden.
All das ließ dann auch die Veranstalter langsam den Boden unter den Füßen verlieren. Offene Diskussionen vor Konzertbeginn waren die Folgen, bei denen es um das Für und Wider eines solchen Festivals ging. Aber vor allem wurde Unterstützung angemahnt.
Am Ende stand das Aus.
Auch wenn nur von einem Jahr Pause gesprochen wurde, sollte es fast 11 Jahre dauern bis die Sonne wieder mit dem Mond tanzte.
Ein Grund mehr, dem Festival eine ganze Doppelstunde zu widmen.
Also, Ohren auf am
1.September!