Seine Stimme hat in meiner Jugend anfangs das Bild eines aalglatten Poppers assoziiert. Zudem wurden seine/ihre Anfänge bei mir von Bands wie Depeche Mode oder Simple Minds überdeckt. Obwohl es rückblickend schon Eier hat ein Debut-Album 1982 „The Party is Over“ zu nennen. Die Rede ist von Talk Talk und Mark Hollis.
Ich stieg erst ein, als sich die ersten musikalischen Veränderungen abzeichneten. Also beim 3. offiziellen Album „The Colour of Spring“. Hier findet der Wandel, weg von der Tanzfläche hin zum Club, statt. Noch radiotauglich, aber schon erwachsen. Ab 86 wartete ich dann auf jeden neuen Ton.
„Spirit of Eden“ in 88 war mehr als eine neue Scheibe. Talk Talk wandelten sich zu Zeremonienmeistern. Wobei, wie so oft bei Bands mit so charismatischen Frontmännern, Talk Talk für mich stets nur aus dem Gesicht und der Stimme von Mark Hollis (Gesang, Klavier, Gitarre) bestand. Dabei sind natürlich auch die Mitmagier Lee Harris (Drums) und Paul Webb (Bass) zu nennen. „Spirit of Eden“ ist Programm. Erstmals bekommen wir Einblick in die Elementarteilchen eines Tons. Unglaublich. Die Stücke werden länger, scheinen im Prozess des Zuhörens zu entstehen, und zwar immer wieder neu. Zeit ist hier erstmals ein wirklich dehnbarer Begriff.
Schließlich 91 die letzten offiziellen Lebenszeichen mit „Laughing Stock“. Es kommt jazziger, noch freier und fast schon experimentell an manchen Stellen rüber. Was für ein Genuss.
Eine offizielle Verlautbarung zum Ende von Talk Talk kam mir nie unter. So suchte ich immer mal wieder nach Tönen aus deren Ecke. 1998 war es endlich so weit. Mark Hollis brachte sein Solo-Album „Mark Hollis“ heraus. Was für eine Ruhe. Es knüpft am ehesten an „Spirit of Eden“ an. Als spiele Mark mit der Stille als Träger seiner Gedanken, darum bemüht vor allem auf die Auflösung eines Songs hinzuwirken.
Eine Idee, die mich von Album zu Album trieb. Die Vorfreude darauf, zu hören mit welchen Mitteln Mark Hollis nun wieder an der Atomarisierung eines Songs arbeitete.
Jetzt befindet sich Mark Hollis selbst in Auflösung, mit 64. Ein großer Verlust für die Stille in diesen so lauten Zeiten.
Weltklang 174 ist dennoch kein Talk Talk-Special geworden, sondern eine weitere Hommage an die menschliche Stimme.
Bis Sonntag.
Gruß
Olaf